November 28, 2019
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Daibutsu, sitzender Buddha. Wurde 1252 erstellt und geriet in einem Tsunami 1492 ins Freie, weil der Tempel, in dem er stand, weggeschwemmt wurde. Die gigantische Bronze-Figur ist 13,35 m hoch und betretbar. Fenster im Rücken bieten Licht und frische Luft.
Was mich indes draussen fesselte, war, im Betrachten einen Blickwinkel zu finden, in dem der Kopf hinter dem Rücken verschwindet. An dessen Stelle steht mittags das Strahlen .
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Hals, Ansicht innen – die Konstruktion.
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Sonnenhöchststand über Mittag. Unter der Krempe entkommt nur die Nase, den Rest flutet der Schatten. (Kamakura, Japan)
November 25, 2019
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Ein Bild untersuchen: Zwischen zwei entfernten Phänomenen eine Verbindung spüren – und ihr Ausdruck verschaffen. Sonst fällt der Suchende in die Kerbe dazwischen. Er findet auch auf diesem Bild ein Thema: Zwei, die sich verbinden. Kugellampen, Beine, Männer, Ornament-Kreuz-Balken, Richtungen: immer 2.
November 24, 2019
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Wie gross darf Unschärfe werden, bis Bekanntes unerkennbar wird? Wie unscharf darf Unverkennbares sein? Das hier: ein befreundetes Gesicht, unscharf. Er liest diesen Blog – "Poesie der Momente – zur Erforschung der Sichtbarkeit" – im Abo und begegnet sich hier somit selber. Ein bewegter Mann, ein bewegender. Ich frage ihn hier, ob er sich erkennt. Kennst Du Dich seitlich? Kennst Dich unscharf bewegt, als unscharfer Wisch?
November 16, 2019
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Erster Schnee, in Farben festgehalten. Farben. Das Bild ist eine Augenweide: Flüchtiges, in Dauer gewandelt. (Wie Kunst, irgendwie.)
Wenns auch Kälte zeigt: "Verweile doch, du bist so schön." JWvGoethe
Darf nicht bleiben, muss vergehen. Soll nicht kleben, kann verwehen. Es kommt. Es bleibt. Es geht.
Das Leben.
November 10, 2019
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Ein Blatt lässt sich gehen und segelt in Gelb. Noch eins. Auch ein schwarzer Vogel lässt sich gehen. Und ein Kondensstreifen, ins Blaue. Mein Kaffee lässt seine Wärme gehen. Kinder machen einen Schwall und lassen ihn auch gehen. Und wissen es nicht.
Im Herbst leert sich also der Baum. Ein Rabe drückt auf seinen Zweig. Ein Schwalbenartiger pfeilt heran. Spiegelungen von Fenstern gehen im Morgenlicht auf. Flaum rieselt fein. Die Spiegelungen finden sich wieder. Der Tisch, an dem ichs notiere, erzittert. Belag wird geteert. Ein Blatt segelt in den Lärm. Wolkenflaum vernimmt nichts. Noch eins. Flügelschläge federn. Zwei Streifen durchfliegen den Flaum. Ein Jet. Adieu.
November 8, 2019
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Eine Mutter besucht ihre Ahnen in der Vitrine. Alles ähnelt sich: Posen, Kleidung, Haarpracht. Gegenwart liegt und lebt im Vergangenen, Vergangenes in der Gegenwart.
Die Zeit ist eine Spirale; sie bewegt sich voran und geht doch im Kreis.
(Museum of Nature and Science, Tokyo).
November 7, 2019
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Pause bei Bier vom Aufsteigen am Berg. In der Luftblase gespiegelt ist zu sehen, was drin keinen Platz findet. Mal scharf, mal nicht. Marco, in der Bierblase drin, verzeihe mir die ungefragte Publikation hinter dem Filter.
November 2, 2019
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Hier kommt eine kleine Geschichte, die das unscharfe Bild zum Geschmier macht. Besser, umgekehrt: die dem Geschmier Form und Bedeutung verschafft. Geschmier ist ein schwierig einzusetzendes Wort, das einerseits genau das beschreibt, was es ist, nämlich das Ungewollte, Ungeformte. Das aber andererseits ebenso klar das meint, was am Anfang allen Formwillens steht und daher unabdingbar notwendig ist, will man nicht auf Geplantes, auf bereits Vorgegebenes (und demnach nicht explizit und spezifisch Erarbeitetes) greifen. Wenigen würde es wohl einfallen, zu betonen, dass am Anfang eines Leonardo-da-Vinci-Gemäldes unbeabsichtigtes, planloses "Geschmier" steht. Dennoch kann es genau da stehen, am Anfang. Die Grösse darin erkannte Leonardo selber, und er musste sie aus dem Geschmier heraus holen und sichtbar machen. („Achte diese Meinung nicht gering, in der ich dir rate, ... manchmal stehen zu bleiben und auf die Mauerflecken hinzusehen oder...